Gemeinsame Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit
Verordnung zur Verwaltung des Transformationsfonds im Krankenhausbereich (Krankenhaustransformationsfonds-Verordnung – KHTFV)
Die aktuelle wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser ist prekär. Gründe für diese Situation sind die systemische Unterfinanzierung der Betriebskosten, die seit vielen Jahren unzureichende Investitionsmittelförderung durch die Bundesländer und die nicht mehr bedarfsgerechte Verteilung von angebotenen und benötigten medizinischen Leistungen.
Der Transformationsfonds nach § 12b KHG (Krankenhausfinanzierungsgesetz) und die Regelungen der Krankenhaustransformationsfonds-Verordnung stellen einen bedeutenden Schritt zur Optimierung der Krankenhausstrukturen in Deutschland im Rahmen der Krankenhausreform nach dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) dar. Die vorgesehenen Fördertatbestände bieten den Krankenhäusern eine Unterstützung für die notwendigen Umstrukturierungen und Modernisierungen, um den Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung gerecht zu werden.
Die in dem Verordnungsentwurf festgelegten Fördertatbestände setzen richtige und notwendige Impulse: Sie verbessern mittelfristig die Effizienz und steigern die medizinische Behandlungsqualität. Für eine abschließende Bewertung des Verordnungsentwurfs fehlt jedoch der Leistungsgruppen Grouper des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) als Planungstool. Des Weiteren fehlen die Rechtsverordnung für die Leistungsgruppen und Qualitätskriterien, die Reform der Notfallversorgung sowie die erforderliche Verordnung zu den Mindestfallzahlen.
Der Deutsche Evangelische Krankenhausverband e. V. (DEKV) und die Diakonie Deutschland danken dem Bundesministerium für Gesundheit für die Möglichkeit zur Stellungnahme. Wir bitten die nachfolgenden Vorschläge für die Verordnung zu prüfen und aufzunehmen.
1. Fristverlängerung § 7 Rückforderungen von Fördermitteln
Die Frist für die Rückforderungen ist von zwei auf fünf Jahre zu verlängern, bezogen auf den Beginn der Umsetzung des Vorhabens. Die multiplen Krisen der Vergangenheit (u. a. Corona, Energiekrise, Umweltkatastrophen) und der Fachkräftemangel haben erhebliche Auswirkungen auf die Lieferketten und die Produktionsfähigkeiten der Wirtschaft gezeigt.
Eine längere Frist ermöglicht den Krankenhausträgern, unerwartete Verzögerungen bei der Umsetzung zu berücksichtigen und fördert eine sorgfältige Planung und Durchführung der Projekte. Dieses Vorgehen stützen Daten aus dem Projektmanagement Report 2022: 51 Prozent der befragten Projektmanagerinnen und Projektmanagern verschiedener Branchen gaben an, dass in den vergangenen 12 Monaten fast die Hälfte der durchgeführten Projekte nicht zum vereinbarten Zieltermin fertiggestellt wurden.1 Dies führt auch bei nachfolgenden Projekten zu Verzögerungen.
Die Fördermöglichkeiten des Transformationsfonds werden zudem zu einem Anstieg krankenhausspezifischer Projekte und Baumaßnahmen führen. Daher ist unter Berücksichtigung des bereits bestehenden Fachkräftemangels in den ausführenden Branchen eine Verlängerung der Frist zum Beginn der Umsetzung eines Vorhabens von zwei auf fünf Jahre erforderlich.
Änderungsvorschlag: §7 Abs. 2 Nr. 2 „die Bekanntgabe des Auszahlungsbescheides zwei Jahre fünf Jahre zurückliegt und die Umsetzung des Vorhabens zum Zeitpunkt der Rückforderung noch nicht begonnen worden ist,“
§7 Abs. 4 Nr. 2: „die Umsetzung eines Vorhabens zwei Jahre fünf Jahre nach Bekanntgabe des Auszahlungsbescheides nicht begonnen worden ist,)“
2. Erweiterung des Begriffs „Zentren“
Der Begriff „Zentren“ in der Verordnung ist an die Hochschulkliniken gebunden. Die Bündelung der medizinischen Behandlungskompetenz muss auch an geeigneten nicht-universitären Kliniken gewährleistet werden. Daher wird vorgeschlagen, alle Zentren gemäß der Liste der G-BA-Zentren einzuschließen. Dies ermöglicht eine flächendeckende Patientenversorgung wie auch die Bildung von Zentren an Krankenhäusern, die keine Hochschulkliniken sind.
Eine präzise Definition, was unter „Zentren zur Behandlung von seltenen, komplexen oder schwerwiegenden Erkrankungen“ zu verstehen ist, ist notwendig, um Missverständnisse zu vermeiden und sicherzustellen, dass die Fördermittel gezielt eingesetzt werden. Eine unklare Definition kann zu ineffizienten Ausgaben führen. Es wird daher vorgeschlagen, die Zentrumsregelung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) als Grundlage für förderfähige Zentrumsbildung zu verwenden.
Änderungsvorschlag: §3 Abs. 4: „Förderfähig sind Vorhaben zur Bildung von Zentren zur Behandlung von seltenen, komplexen oder schwerwiegenden Erkrankungen an Hochschulkliniken, soweit Hochschulkliniken und Krankenhäuser, die keine Hochschulkliniken sind, an diesen Vorhaben gemeinsam beteiligt sind und der Aufbau von Zentren nach gemäß § 136c Absatz 5 SGB V (Zentrums-Regelung Gemeinsamer Bundesausschuss).“
3. Förderung von ambulant-stationären Operationssälen
Der Umbau bestehender stationärer Operationssäle in ambulant-stationär nutzbare Operationssäle als integraler Bestandteil der Bettenreduzierung ist ein notwendiger Fördertatbestand. Die Verknüpfung der Reduzierung der stationären Betten mit dem Aufbau ambulanter Kapazitäten stellt sicher, dass die Patientenversorgung nicht leidet. Durch die Schaffung ambulanter Kapazitäten wird das Risiko von Engpässen in der Patientenversorgung minimiert. Dies hat besonders in ländlichen Gebieten eine hohe Bedeutung. Langfristig wird dies zu einer Senkung der Betriebskosten und zu einem effizienten Einsatz aller Ressourcen beitragen.
Die Förderung des Aufbaus ambulanter Operationsstrukturen in Verbindung mit der Reduktion stationärer Betten ist entscheidend für die zukünftige Effizienz und Qualität der Gesundheitsversorgung. Diese sollten in die Begründung zu den Fördertatbeständen 1, 2 und 5 aufgenommen werden.
4. Energetische Nachhaltigkeit als Fördertatbestand aufnehmen
Bei allen Fördertatbeständen ist im Sinne der Nachhaltigkeit auch die energetische Effizienz der Maßnahmen zu berücksichtigen.
Die in der Begründung unter VI. Regelungsfolgen, Punkt 2. Nachhaltigkeitsaspekte aufgeführten Punkte berücksichtigen keine nachhaltigen baulichen Maßnahmen. Diese sind in der Gesundheitsversorgung jedoch notwendig, um die Umweltbelastung zu reduzieren und langfristige Kosteneinsparungen zu erzielen. Allein aus der Perspektive einer kostengünstigeren Finanzierung sollten baulich-energetische Transformationsmaßnahmen (Neubau sowie Sanierungsmaßnahmen) als Fördertatbestände aufgenommen werden.
In der europäischen Regulierung zu nachhaltigen Investitionen kommen gesellschaftlich relevante Aufgabenbereiche wie Krankenhäuser nicht vor. Die Finanzierung für diese speziellen sozialen Unternehmen ist daher ungewiss. Die EU hat zwar einzelne ökologische Ziele in ihrer Nachhaltigkeitspolitik verankert, doch konkrete Anreize durch einen sozialen Investitionsrahmen stehen immer noch aus.2 Daher sollte bereits aus Gründen möglicher Eigenmittelanteile der Krankenhäuser die Aufnahme ökologischer Nachhaltigkeitsanforderungen erfolgen. Dies wäre automatisch mit einer Senkung möglicher Darlehnskosten bei jedem Bau- und digitalen Vorhaben verbunden.
5. Stärkung der Barrierefreiheit
Die Verordnung sollte klarstellen, dass im Rahmen der einzelnen Fördertatbestände auch bauliche Maßnahmen zur Stärkung der Barrierefreiheit in Krankenhäusern förderfähig sind.
Die Krankenhausreform und der Transformationsfonds sollen eine Umgestaltung hin zu einer zukunftsfähigen Krankenhauslandschaft ermöglichen. Zukunftsfähig heißt auch, die UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen und die Teilhabe von Menschen mit Behinderung an allen medizinischen, therapeutischen und präventiven Angeboten zu ermöglichen.3 Das Bundesministerium für Gesundheit hat sich dies mit dem Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen aus dem November 2024 zur Aufgabe gemacht. Konkret formuliert der Aktionsplan das Ziel: „Barrieren bei der Versorgung in Krankenhäusern werden abgebaut“. Dieses Bekenntnis muss auch im Rahmen des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) und der Rechtsverordnung berücksichtigt werden.
6. Planungssicherheit durch Nennung des Zeitpunkts des Mittelzuflusses
Es ist erforderlich, mehr Klarheit darüber zu schaffen, wann der Mittelzufluss vom Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) an die Länder und deren Weiterleitung an die Krankenhäuser erfolgt.
Eine transparente Kommunikation über den Zeitpunkt des Mittelzuflusses ist entscheidend, um die Planungssicherheit für die Länder und Krankenhausträger zu erhöhen. Verzögerungen im Mittelzufluss können die Umsetzung der Projekte erheblich beeinträchtigen.
Christoph Radbruch, Vorsitzender DEKV
Elke Ronneberger, Bundesvorständin Sozialpolitik
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Pressemitteilung zum Download
1 Vgl.: Bundesverwaltungsamt (BVA), Projektmanagement, Juni 2023, Seite 7.
2 Vgl.: https://nachhaltigkeitsportal.kd-bank.de/engagement-taxonomie.php
3 Vgl.: UN-Behindertenrechtskonvention, Stand November 2018, Artikel 9 und Artikel 25.