Krankenhäuser sind personalintensive Organisationen. Daher ist die Gewinnung von Pflegepersonal entscheidender Angelpunkt für die qualifizierte Versorgung der Patientinnen und Patienten der Zukunft.
Der Deutsche Evangelische Krankenhausverband e.V. (DEKV) vertritt die Interessen der rund 200 evangelischen Krankenhäuser in Deutschland und setzt sich ein für eine professionelle Pflege, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Patient:innenversorgung. Über 80 % unserer Mitglieder bilden Pflege- und Gesundheitsberufe aus. Auch Hochschulen sind Mitglied im DEKV, so die Evangelische Hochschule Berlin, die Pflegekräfte und Hebammen seit Jahren akademisch ausbildet. Die folgende Stellungnahme wurde erarbeitet unter Einbeziehungvon Expert:innen der Pflegepraxis in den evangelischen Krankenhäusern, der Expertise aus evangelischen Pflege- und Hebammenschulen und der hochschulischen Pflege- und Hebammenausbildung.
Durch den demographischen Wandel wird den Pflegenden eine immer wichtigere Rolle zukommen. Viele Patient:innen werden aufgrund ihres Alters intensivere pflegerische Betreuung benötigen. Wir sind überzeugt davon, dass akademisch ausgebildete Pflegekräfte durch ihr wissenschaftlich fundiertes und reflektiertes Handeln die pflegerische Versorgung in allen Hilfefeldern der Pflege verbessern werden. Wir sind darüber hinaus davon überzeugt, dass gute Pflege nicht nur durch die Zahl der „Hände“ erreicht wird. Gute Pflege ist eine Sache von Kompetenz und Professionalität. Dazu trägt die Stärkung der hochschulischen Pflegeausbildung erheblich bei.
Aus diesem Grund setzten wir uns auch für die Beachtung eines bedarfsgerechten Qualifikationsmix unter Einbeziehung von akademischen Pflegekräften in der Pflegepersonalbedarfsbemessung ein. Eine Methode für einen bedarfsgerechten Qualifikationsmix für PPR 2.0 unter Einbeziehung der akademischen Pflegekräfte haben wir durch einen Beteiligungsprozess mit Befragung der Pflegepraxis in den Krankenhäusern entwickelt. Die Ergebnisse sollen zeitnah veröffentlicht werden.
Uns ist bewusst, dass die Refinanzierung einer Ausbildungsvergütung und der Mehrkosten des praktischen Teils der hochschulischen Pflegeausbildung einschließlich einer Praxisanleitung im Umfang von 10 % einen nicht unerheblichen finanziellen Aufwand für die Kostenträger bedeutet. Wir sind aber ebenfalls überzeugt, dass nur so das Pflegestudium zum Erfolg geführt werden kann, die Zahl akademisch ausgebildeter Pflegekräfte in der Patientenversorgung steigt und damit eine bessere, moderne pflegerische Versorgung durch einen Qualifikationsmix im Pflegeteam erreicht werden kann. Dies bedeutet mittelfristig, dass die höheren Ausgaben durch das Pflegestudium durch Kosteneinsparung durch bessere Behandlungs- und Pflegeoutcomes mehr als wett gemacht werden.
Wir danken dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend daher für die Vorlage des Referentenentwurfs und für die Möglichkeit zur Stellungnahme. Wir bitten um Prüfung und um Umsetzung folgender Verbesserungsvorschläge für die im Referentenentwurf dargelegten Regelungen.
Zu den Regelungen zu Pflegestudium und Pflegeausbildung
Zu Artikel 1 Nr.9 b) bb) Praxisanleitung
Uneingeschränkt positiv sehen wir die Konkretisierung zum Umfang der Praxisanleitung von mindestens 10 Prozent der während eines Einsatzes zu leistenden praktischen Ausbildungszeit und deren Refinanzierung über den Ausgleichsfonds (Art.1 Nr.12).
Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner, egal ob fachschulisch oder akademisch ausgebildet, übernehmen in ihrem Beruf große Verantwortung und benötigen dazu umfangreiches theoretisches und praktisches Wissen. Um die notwendigen Kompetenzen und Fähigkeiten zu erwerben, ist die praktische Tätigkeit unter Anleitung zentral wichtig. Überforderung, Frustration und damit Studienabbrüche werden vermieden und der Erfolg der Ausbildung und deren Effizienz erhöht. Um sich auf diese Aufgabe zielgerichtet konzentrieren zu können muss die anleitende Person von Verpflichtungen des pflegerischen Tagesgeschäft freigestellt sein. Dies wird durch die nun geregelte Refinanzierung umsetzbar.
Die Erfahrung der evangelischen Hochschulen und Krankenhäuser haben aber gezeigt, dass für die Praxisanleitung von Studierenden ein besonderes Verständnis seitens der Praxisanleiter:innen für die akademische Denk- und Arbeitsweise notwendig ist. Die Praxisanleiter:innen müssen daher zwingend selbst einen hochschulischen Hintergrund aufweisen (entweder durch den Erwerb eines hochschulischen Abschlusses oder durch eine entsprechende Fortbildung auf hochschulischem Niveau). Die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe vom 2. Oktober 2018 ist in §31 Abs.1 S.2 entsprechend abzuändern. Die in § 31 Abs.1 S.4 vorgesehene Übergangsfrist für abweichende Länderregelungen bis zum 31.12.2029 ermöglicht den entsprechenden Aufbau durch Weiterbildung von Fachpersonal.
Formulierungsvorschlag:
Nach Artikel 5 Nr.14 a) wird Buchstabe b) eingefügt:
Abs.1 S 2 wird wie folgt gefasst.
„Die Praxisanleitung erfolgt durch geeignetes, hochschulisch qualifiziertes Pflegepersonal.“
Der bisherige Buchstabe b) wird Buchstabe c)
Zu Artikel 1 Nr. 12 i.V.m. Artikel 4 Nr.7 b Wertschöpfungsanteil
Zu begrüßen ist der Verzicht auf die Anrechnung des Wertschöpfungsanteils bei der Refinanzierung der Ausbildungsvergütung für Studierenden der Pflege. Dies setzt ein klares Zeichen, dass den Studierenden während des praktischen Teils der hochschulischen Pflegeausbildung Tätigkeiten mit dem Ziel des Kompetenzaufbaus und Trainings der erworbenen Fähigkeiten zugewiesen werden sollen. Sie werden nicht als reguläre Mitarbeitende der Pflicht der Wertschöpfung unterworfen. Nicht deutlich wird, warum Studierende und Auszubildende unterschiedlich behandelt werden. Eine Begründung kann dem Gesetzentwurf nicht entnommen werden. Diese Ungleichbehandlung kann zu einer unterschiedlichen Wahrnehmung des Wertes und der Pflichten von Auszubildenden und Studierenden beim Träger des praktischen Teils der hochschulischen Pflegeausbildung führen, möglicherweise auch im Pflegeteam. Wir sehen es daher als notwendig an, diese Ungleichbehandlung aufzuheben oder zumindest nachvollziehbar zu begründen.
Artikel 5 Nr. 3, 5,13, 29 Umfang selbstgesteuertes Lernen und E-Learning
Lehrformate, die selbstgesteuertes Lernen oder E-Learning beinhalten haben sich als pädagogische Hilfsmittel bewährt. Gute Erfahrungen damit konnten insbesondere während der Corona-Pandemie gesammelt werden. Mit dem Referentenentwurf wird die Berücksichtigung dieser Lernformate in angemessenen Umfang ermöglicht. Dies sehen wir als sinnvoll an. In den zugehörigen Gesetzesbegründungen wird spezifiziert, dass ein angemessener Umfang lediglich maximal 10 % bedeutet. In Abstimmung mit den Aus- und Weiterbildungsexpert:innen der evangelischen Krankenhäuser und Hochschulen, setzen wir uns dafür ein, diese Deckelung anzuheben. Nach Expert:innenansicht können bis zu 20% über beide Lernformate sinnvoll sein. Dabei ist das Erreichen des jeweiligen Ausbildungsziels weiterhin gewährleistet.
Formulierungsvorschlag
Die Regelung eröffnet […] die Möglichkeit, den Unterricht auf Grundlage einer curricularen Einbindung in Form des selbstgesteuerten Lernens oder des E-Learnings in einem angemessenen Umfang, der zwanzig Prozent nicht überschreiten sollte, durchzuführen.
Partielle Berufsausübung
Neben der Stärkung des Pflegestudiums trifft der Referentenentwurf Regelungen zur erleichterten Anerkennung von Gesundheitsfachkräften aus dem Ausland (Pflege, Hebammen, Medizintechnologen). Die evangelischen Krankenhäuser sichern ihren Bedarf an Mitarbeitenden, unter anderem durch Übernahme von Verantwortung bei der Ausbildung und durch eine verantwortungsvolle Gewinnung von Mitarbeitenden aus dem Ausland. Die oftmals sogar regional unterschiedlichen Details des Anerkennungsverfahren erschweren die Arbeitsaufnahme qualifizierter Fachkräfte teils erheblich. Im Sinne der Fachkräftesicherung sind Vereinfachungen zur Anerkennung sehr wünschenswert. Dabei lehnen wir es aber ab, Fachkräfte ohne einen adäquaten Ausbildungsstand in einem sensiblen Bereich, wie im Krankenhaus tätig werden zu lassen. Dabei geht es um die Qualität der medizinischen und pflegerischen Behandlung und die Sicherheit der Patient:innen. Die hier vorgestellten Regelungen zur partiellen Berufsausübung sind für uns daher nicht nachvollziehbar. Diese Regelungsentwürfe sollten ersatzlos gestrichen werden.
Änderungsvorschlag:
Die Möglichkeit zur partiellen Berufsausübung entfällt. Es werden gestrichen: Artikel 2 Nr. 8-10; Artikel 5 Nr.2 d), Artikel 6 Nr. 1-6, Artikel 7 Nr. 3, Artikel 8 Nr. 1-5, Artikel 9 Nr. 1-4