Erster hochschulischer Anpassungslehrgang für Hebammen aus Nicht-EU-Ländern an der Evangelischen Hochschule Berlin startet in die Praxisphase
Anfang Dezember begann für 19 Teilnehmerinnen des Anpassungslehrgangs für Hebammen aus Nicht-EU-Staaten die erste Praxisphase des Lehrgangs in 16 Berliner und Brandenburger Geburtskliniken. Ziel des einjährigen Lehrgangs ist es, zugewanderte Hebammen aus Nicht-EU-Ländern für eine sichere und eigenständige Berufsausübung im stationären und ambulanten Versorgungsbereich in Deutschland zu qualifizieren. Dazu erhielten die Teilnehmerinnen aus 14 Nationen seit Oktober neben einem intensiven fachlichen Sprachkurs theoretischen, hebammenwissenschaftlichen Unterricht.
Der bundesweit erste hochschulische Anpassungslehrgang wird von der Evangelischen Hochschule in Berlin (EHB) in Kooperation mit den Berliner Hebammenschulen, Geburtskliniken, Geburtshäusern und freiberuflichen Hebammen durchgeführt und ist Bestandteil des 10-Punkte-Aktionsplans1 für eine gute und sichere Geburt in Berlin. Gefördert wird das Projekt für die Dauer von drei Jahren im Rahmen des Förderprogramms „Integration durch Qualifizierung (IQ) Berlin“ durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds. Das Projekt ist Teil des IQ Landesnetzwerks Berlin, koordiniert durch die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales. Die Qualifizierungsmaßnahme baut auf den Vorkenntnissen auf, die die Teilnehmerinnen aus Ausbildung und Berufserfahrung in ihren Heimatländern mitbringen. „Die beruflichen und sprachlichen Lernvorrausetzungen der Teilnehmerinnen sind sehr unterschiedlich. Es ist daher eine große Herausforderung, die Frauen individuell in ihrem Lernprozess zu begleiten“, berichtet die Projektleitung, Frau Professorin Dr. Melita Grieshop von der EHB. Dabei seien die Teilnehmerinnen hochgradig motiviert und die Praxispartner in der Begleitung der angehenden Hebammen sehr engagiert.
„Mit Inhalten, die sich an der aktuellen Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger orientieren und zugleich die Anforderungen berücksichtigen, die ab dem Jahr 2020 durch das Hebammenreformgesetz zu erwarten sind, bereitet der Anpassungslehrgang die Teilnehmerinnen umfassend auf ihre zukünftige Tätigkeit als Hebamme vor. Als wesentliche Maßnahme zur beruflichen Integration der Frauen in den Arbeitsmarkt ihrer Wahlheimat begrüßen wir als DEKV diese einmalige Form der hochschulischen Qualifizierung mit theoretischen und praktischen Inhalten. Darüber hinaus ist diese Maßnahme ein wichtiger Beitrag dazu, den Fachkräftemangel im Bereich der Geburtshilfe in Berliner und Brandenburger Krankenhäusern zu vermindern“, erklärt Christoph Radbruch, Vorsitzender des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV).
Ausbildung, Qualifizierung, Studium – breites Engagement für die Hebammenausbildung
„Fachkräftemangel in der Geburtshilfe betrifft nicht nur Berlin und Brandenburg, er gilt bundesweit. Unsere Mitglieder engagieren sich umfassend in der Ausbildung von Hebammen: Neben der Hochschule in Berlin bieten mit der Akademie für die Anerkennung des Hebammenberufs in Rotenburg und dem Schulzentrum für Gesundheitsberufe in Mönchengladbach zwei weitere Einrichtungen Qualifizierungslehrgänge für zugewanderte Hebammen an. Darüber hinaus wird etwa jede achte Hebamme in Deutschland an einer der fünf evangelischen Hebammenschulen mit rund 250 Ausbildungsplätzen qualifiziert. Hinzu kommen 155 Studienplätze an der Evangelischen Hochschule Berlin (EHB). In der praktischen Ausbildung engagieren sich bundesweit 67 evangelische Krankenhäuser entweder als Ausbildungskrankenhaus oder als Praxiseinsatzorte für Hebammenschulen und Studiengänge für Hebammen. Bei der künftigen Akademisierung der Hebammenausbildung ab 2020 müssen Krankenhäuser als Ort der praktischen und Hochschulen als Ort der wissenschaftlichen Ausbildung eng zusammenarbeiten. Denn der gesellschaftliche Wandel fordert von Hebammen schon heute und in der Zukunft nicht nur praktische Kenntnisse, sondern auch ein wissenschaftlich fundiertes und reflektiertes Handeln“, betont Radbruch.
Mit dem Anpassungslehrgang für zugewanderte Hebammen erweitert die EHB ihren hebammenwissenschaftlichen Standort um ein weiteres Angebot. Seit 2013 bietet sie bereits einen primärqualifizierenden, dualen Hebammenstudiengang an, in den im Oktober 53 Studentinnen ins erste Semester aufgenommen wurden. Darüber hinaus führt die Hochschule mit Förderung der Senatsverwaltung für Pflege, Gesundheit und Gleichstellung Berlin einen hochschulischen Zertifikatskurs „Praxisanleitung“ für Hebammen durch, die sich pädagogisch für die Anleitung von Hebammenstudentinnen in der Praxis qualifizieren möchten. „Damit sind die EHB und ihre Kooperationspartner gut für die zukünftige Hebammenausbildung an Hochschulen aufgestellt“, so Professorin Dr. Grieshop. Unklar ist noch, wie sich das Fachkräftezuwanderungsgesetz ab März 2020 auf den Qualifizierungsbedarf von Hebammen aus Drittstaaten auswirken wird. Gegebenenfalls müssen Hochschule und Praxispartner weitere Maßnahmen entwickeln.
Das Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ zielt auf die nachhaltige Verbesserung der Arbeitsmarktintegration von Erwachsenen mit Migrationshintergrund ab. Das Programm wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und den Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Partner in der Umsetzung sind das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Bundesagentur für Arbeit (BA).
Berlin, 17. Dezember 2019
DEKV Landkarte Hebammenausbildung
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