Die stationäre Versorgung von Menschen mit geistiger oder schwerer Mehrfachbehinderung verläuft oftmals nicht erfolgreich, da die Krankenhäuser vor Ort nicht auf die besonderen Herausforderungen dieser Patient:innengruppen eingestellt sind.

Ein dreistufiges Versorgungsmodell könnte diese Situation verbessern. Eine konkrete Ausgestaltung schlägt der DEKV in der Stellungnahme zum Beteiligungsverfahren am Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen vom 15.12.2023 vor. Entwickelt wurde die Stellungnahme mit Unterstützung und Expertise von Ärzt:innen der Behindertenmedizin und Pflegekräften aus der DEKV-Mitgliedschaft.

Kompetenzen vor Ort, regional und überregional aufbauen

Um in allen Krankenhäusern die grundlegende Kompetenz zur Versorgung von Menschen mit Behinderung zu verbessern, braucht es eine entsprechende Berücksichtigung des Themas in der Ausbildung von Ärzt:innen und Pflegefachkräften. Darüber hinaus soll jedes Krankenhaus, bei entsprechender Refinanzierung, mindestens eine:n Mitarbeiter:in aus dem ärztliche:n Team als Beauftragte:n für Menschen mit Behinderung ausweisen. Dieser kann bei Einlieferungen von Patient:innen mit besonderen Bedarfen aufgrund einer Behinderung hinzugezogen werden kann (z.B. bei einer Einlieferung im Notfall).

Auf regionaler Ebene sollen die Planungsbehörden der Länder mindestens ein regionales Zentrum in jeder Versorgungsregion ausweisen, dass für diese Patient:innengruppen ortsnah eine verlässliche Anlaufstelle für die stationäre Behandlung zur Verfügung stellt. Mit einer regelhaften und garantierten Refinanzierung soll dort ein interdisziplinäres Kompetenzteam mit der Expertise und der Erfahrung bei der Versorgung von Menschen mit geistiger oder schwerer Mehrfachbehinderung und entsprechende Versorgungsprozesse etabliert werden.

Überregionale Versorgungszentren sollen im Rahmen der G-BA Zentrumsrichtlinie geregelt werden. Sie versorgen hochkomplexe Fälle. Zudem stellen sie Aus-, Fort- und Weiterbildung sicher, betreiben medizinische, pflegerische und Versorgungsforschung und stehen den Krankenhäusern in der Fläche für die telemedizinische Unterstützung zur Verfügung.

Weitere Themen der DEKV-Stellungnahme

Neben dem Konzept zur Verbesserung der akutstationären Versorgung von Menschen mit Behinderung enthält die Stellungnahme Vorschläge

• zur Stärkung und zum Ausbau der ambulanten Versorgung in Medizinischen Behandlungszentren für Erwachsene mit Behinderung (MZEB),
• für eine bessere Ausbildung aller Gesundheitsfachberufe, Ärzt:innen, Pflegekräfte und Therapieberufe zum Thema inklusives, barrierefreies und diverses Gesundheitswesen und
• zur Weiterentwicklung der physischen Barrierefreiheit.

Die Stellungnahme wurde mit Unterstützung der DEKV- Expertengruppe inklusives Gesundheitswesen entwickelt. Mitglieder dieser Expertengruppe waren Dr. Sven Fuest, Chefarzt der Neurologie der Hephata Klinik, Schwalmstadt-Treysa, Dr. Anja Grimmer, Krankenhaus Königin Elisabeth, Herzberge, Dr. Maike Grube, Diakonie Deutschland, Dr. Sabine Lindquist, MZEB Pfeiffersche Stiftung, Magdeburg, Prof. Dr. Stephan Martin, DIAKOVERE, Hannover, Prof. Dr. Tanja Sappok, Krankenhaus Mara, Bielefeld, Dr. Michael Seidel, Geschäftsführer und Ärztlicher Direktor in den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel A.D., Klaus-Dieter Schinkel, Vorstand Pfeiffersche Stiftungen, Magdeburg, Dr. Jörg Stockmann, Evangelisches Krankenhaus, Hagen-Haspe, Andrea Trenner, DEKV. Der DEKV dankt den Expert:innen für ihre engagierte Mitarbeit, ihre Expertise und die bereichernden Diskussionen.

Umsetzung in der nächsten Legislaturperiode erwartet

Der Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen ist im Koalitionsvertrag der Ampelregierung vom 7. Dezember 2021 verankert. Er sollte ursprünglich bereits Ende 2022 vorliegen. Die Pläne des Bundesministeriums sehen vor, die Themen des Aktionsplans ab Anfang 2024 in Fachgesprächen mit ausgewählten Akteur:innen zu konkretisieren. Die Fertigstellung ist im Sommer 2024 geplant. Auf Basis des Aktionsplans will das BMG anschließend Gesetze und Regelungen initiieren. Es ist zu erwarten, dass die konkrete Umsetzung erst in der kommenden Legislaturperiode ab 2025 erfolgen wird.

Stellungnahme an das Bundesministerium für Gesundheit im Wortlaut