Nicht nur in Notfällen sind die Notaufnahmen von Krankenhäusern erste Anlaufstellen für Patienten. Die Folge: Notaufnahmen sind überfüllt.


Künftig sollen nach Plänen des Sachverständigenrates und des Bundesgesundheitsministers telefonisch erreichbare Leitstellen und integrierte Notfallzentren (INZ) an Krankenhäusern dazu beitragen, den Strom der Patienten besser zu steuern.1 Ein zentrales Element ist dabei sowohl am Telefon als auch in den INZ die sogenannte Triage. Dabei entscheiden geschulte Pflegekräfte anhand von festgelegten Kriterien, ob ein Patient ins Krankenhaus oder zur Vertragsarztpraxis kommt. In den Notaufnahmen der Krankenhäuser werden dazu international etablierte Methoden eingesetzt. Sie helfen, Hochrisikopatienten sicher zu erkennen. Dazu beziehen diese Methoden Vitalparameter mit ein, unter anderem um Erkrankte zu beurteilen, die nicht kommunizieren können, beispielsweise viele ältere oder demenziell veränderte Patienten. Zudem stellt die Qualifikation der Notaufnahmemitarbeiter einen weiteren Garanten für eine sichere Ersteinschätzung im Rahmen einer Notfallvorstellung dar.

„Eine bedarfsgerechte und patientenzentrierte Versorgung von älteren, besonders betreuungsbedürftigen Patienten ist unseren Mitgliedern in den Notaufnahmen wichtig. Damit dies möglich ist, müssen die Strukturen, Abläufe und Unterstützungsinstrumente auf den besonderen Bedarf dieser Patienten abgestimmt sein. Das fordern wir als DEKV auch für die telefonischen Systeme der INZ ein. Sie müssen durchgängig sicherstellen, dass die älteren Patienten unmittelbar erkannt werden“, erklärt Christoph Radbruch, Vorsitzender des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes e. V. (DEKV).

 

Ältere Patienten weisen oft atypische Symptome auf

Ein Drittel aller Notfallpatienten ist über 70 Jahre alt.2 Aufgrund unspezifischer oder untypischer Symptome stellt die Triage dieser Patienten schon mit den internationalen Triagesystemen der Notaufnahmen eine besondere Herausforderung dar.2 Zudem weisen mehr als ein Drittel der älteren Patienten akustische, visuelle und kognitive Einschränkungen auf. Dadurch werden wichtige Informationen wie aktuelle Beschwerden, länger vorliegende Erkrankungen oder eingenommene Medikamente nicht oder nicht im notwendigen Umfang weitergegeben. Ältere Patienten erfordern daher von Anfang an mehr Aufmerksamkeit und Zeit vom gesamten Notaufnahmeteam. Nur so kann die erforderliche interdisziplinäre Koordination und intensive Betreuung für eine qualifizierte Versorgung sichergestellt werden.

 

Forderungen für eine qualifizierte Versorgung

„Damit unsere Krankenhäuser ältere Notfallpatienten heute und in Zukunft qualifiziert versorgen können, müssen die Rahmenbedingungen stimmen: Die Strukturen und Prozesse in den Notaufnahmen und den geplanten integrierten Notfallzentren müssen so angepasst sein, dass diese Patienten sicher erkannt und versorgt werden können. Voraussetzung dafür ist eine geriatrische beziehungsweise gerontopsychiatrische Kompetenzentwicklung aller Mitglieder im Behandlungsteam sowie eine sachgerechte Finanzierung der Behandlung in den Notaufnahmen und der Qualifizierungsmaßnahmen für alle Berufsgruppen. Darüber hinaus braucht die Versorgung älterer Notfallpatienten Mittel zur Erforschung guter Instrumente zur Risikostratifizierung sowie für die Versorgungsforschung“, führt Radbruch weiter aus.

Berlin, 3. April 2019

Quellen:
1. Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. Bedarfsgerechte Steuerung der Gesundheitsversorgung (Kurzfassung), S. 767.
2. Singler K. et al. Notfall Rettungsmed 2016; 19: 496–499. DOI 10.1007/s10049-016-0216-z