Die Covid-19-Pandemie ist ein Stresstest für das Gesundheitssystem. Es hat durch den beispiellosen Einsatz der Mitarbeiter:innen aller Berufsgruppen sowie erheblicher finanzieller Mittel der Belastungsprobe durch SARS-CoV-2 bislang standgehalten.
Jetzt ist die Zeit, diese strukturellen Schwächen zu beheben und unser Gesundheitssystem für die Zukunft aufzustellen. Der neu gewählte Bundestag und die nächste Bundesregierung müssen Antworten finden, wie eine an den Bedürfnissen der Patient:innen orientierte, qualitativ hochwertige sowie effiziente Versorgung die knappen Ressourcen schont. Wir brauchen die passenden Strukturen für einen einfachen Zugang zu einer qualifizierten Gesundheitsversorgung unter Berücksichtigung des medizinisch-technischen Fortschritts. Es gilt, Ressourcen zu schaffen, die auch mögliche weitere globale Gesundheitskrisen abfedern können. Eine besondere Herausforderung ist die Bewältigung des akuten Fachkräftemangels in einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft.
Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, hat der DEKV vier zentrale Handlungsfelder identifiziert, in denen Veränderungen notwendig und möglich sind. Diese Felder sind: Qualität, Vernetzung, Personal, Finanzierung.
1. QUALITÄT HAT VORRANG
Die Herausforderung im Gesundheitswesen in den nächsten Jahren wird sein, eine Versorgungsqualität mit begrenzten Ressourcen zu organisieren. Für die Sicherung einer patient:innenorientierten Versorgungsqualität braucht es aus Sicht des DEKV e.V. einen bundeseinheitlichen Planungs- und Finanzierungsrahmen mit Mindeststandards sowie eine regionale Planung unter Berücksichtigung evidenzbasierter, wissenschaftlicher Qualitätsparameter.
Insbesondere Vorgaben zu den Mindestanforderungen an die Krankenhausbehandlung stärken grundsätzlich die Versorgungsqualität. Die Qualitätssicherung darf allerdings nicht für eine intransparente Strukturpolitik genutzt werden, die mitunter dazu führt, dass Versorgungserfordernisse in der Region nicht mehr erfüllt werden. Die in den vergangenen Jahren entwickelten Qualitätsparameter und -kriterien wie beispielsweise Mindestmengen müssen im Hinblick auf ihre Zielerreichung für die Verbesserung der Versorgung und die Patient:innensicherheit überprüft werden.
Es braucht eine faire Qualitätspolitik mit Augenmaß, die wünschenswerte Versorgungsqualitätsziele und Wirtschaftlichkeit verbindet.
VERSORGT WIRD VOR ORT REGIONALE VERSORGUNGSBEDARFSFORSCHUNG FÖRDERN
Es gibt nicht den Standardpatienten bzw. die Standardpatientin: Versorgung muss vielfältige medizinische, pflegerische, soziale, aber auch demografische Bedarfe berücksichtigen. Bevölkerungs- und Morbiditätsstrukturen unterscheiden sich regional. Deswegen sollte sich die Versorgungsplanung innerhalb eines bundeseinheitlichen Planungs- und Finanzierungsrahmens mit Mindeststandards konsequent am regionalen medizinischen und pflegerischen Bedarf der Bevölkerung ausrichten. Das sorgt für den gezielten Einsatz von Ressourcen und sichert den Zugang zum medizinisch-technischen Fortschritt.
Als Grundlage für die Planung fordern wir eine durch die Bundesregierung geförderte kleinräumige, regionale Versorgungsbedarfsforschung. Die gewonnenen Daten sind den Planungsbehörden sowie den Krankenhäusern und Krankenkassen zur Verfügung zu stellen. Sie bilden die Grundlage für transparente und gemeinsame Entscheidungen zur Bedarfsgerechtigkeit – lokale und regionale Besonderheiten werden so berücksichtigt.
QUALITÄTSINDIKATOREN FÜR VULNERABLE PATIENT:INNEN
Vulnerable Patient:innen brauchen eine besondere Versorgung. Im Fokus stehen dabei vor allem hochaltrige Notfallpatient:innen, kognitiv oder körperlich eingeschränkte Patient:innen sowie kritisch-chronisch Kranke. Bislang werden ihre Bedürfnisse in der Qualitätssicherung unzureichend erfasst und abgebildet. Die Entwicklung und Einführung von Qualitätsindikatoren für vulnerable Patient:innen ist deswegen zu fördern.
QUALITÄTSWETTBEWERB WEITERENTWICKELN
Qualität braucht Wettbewerb. Er ist notwendig, um innovative Versorgungsformen zu entwickeln, die Qualität der Leistungserbringung zu sichern und den Weg zu einer besseren medizinischen Qualität und zu mehr Effizienz zu ebnen. Krankenhausplanung muss daher Wettbewerbselemente sicherstellen.
Qualitäts- und Selektivverträge können ein geeignetes Mittel sein, um den Qualitätswettbewerb zu fördern. Krankenkassen und Krankenhäuser benötigen hierfür mehr Vertragsautonomie für bestimmte Leistungsgruppen.
Vor allem die im DRG-System nicht berücksichtigte zeitintensive Betreuung vulnerabler Patient:innengruppen ist durch Qualitäts- und Selektivverträge zu sichern und als Wettbewerbsinstrument weiter zuentwickeln.
MENSCHLICHKEIT DURCH EINEN ZUWENDUNGSINDEX
Menschliche Zuwendung ist eine medizinisch-pflegerische Kategorie! Sie muss in die Regelfinanzierung eingeführt werden. Zuwendung als Kategorie in der stationären Versorgung geht über Patient:innenorientierung und -zufriedenheit hinaus: Zuwendung ist facettenreicher. Sie ist ein elementarer Teil des Behandlungsprozesses und ein Merkmal für Ergebnisqualität. Die Einführung von Qualitätskriterien für professionelle Zuwendung in der Gesundheitsversorgung käme Patient:innen, Mitarbeiter:innen, der Organisation, Kostenträgern und der Politik zugute. Professionelle Zuwendung schafft ein heilungsförderndes und die Gesundung unterstützendes Umfeld für die Patienten:innen.
Der Gesetzgeber ist aufgefordert, die Entwicklung eines Zuwendungsindex für die stationäre und tagesstationäre Patient:innenversorgung über den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) an das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) in Auftrag zu geben.
Nach der Validierung ist der Zuwendungsindex in die regelhafte externe Qualitätsmessung der Krankenhausversorgung einzuführen. Darüber hinaus ist er in den Qualitätsberichten der Krankenhäuser zu publizieren.
2. VERNETZUNG FÖRDERN
Die Sektorengrenzen sind zu undurchlässig: Es bestehen Grenzen zwischen Krankenhaus und niedergelassenen Ärzten, der stationären und ambulanten Altenhilfe und Rehabilitationseinrichtungen sowie pflegenden Angehörigen. Unter dieser Aufteilung des Behandlungsprozesses leidet die ganzheitliche Therapie der Patient:innen. Die Undurchlässigkeit der Grenzen zwischen den unterschiedlichen Bereichen werden wir uns als Gesellschaft organisatorisch, monetär sowie aus der Patient:innenperspektive nicht mehr leisten können. Die Vernetzung der Akteure führt unmittelbar zu einer erheblichen Erhöhung der Versorgungsqualität. Wir brauchen neue Ansätze und Anreize für flexible Übergänge.
ANREIZSYSTEME FÜR AMBULANTISIERUNG IM KRANKENHAUS EINFÜHREN
Die zunehmende Ambulantisierung von Krankenhausleistungen ist medizinisch-therapeutisch und wirtschaftlich sinnvoll. Durch das Reformgesetz des Medizinischen Dienstes ist sichergestellt, dass der Katalog ambulant durchführbarer Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe gemäß § 115 b SGB V im Krankenhaus (AOP-Katalog) im Jahr 2022 aktualisiert und erweitert wird. Viele Studien schätzen, dass bis zu 20 Prozent der stationären Leistungen ambulant erbringbar sind. Dies entspricht bis zu vier Millionen stationären Fällen jährlich.
Ohne eine entsprechende Öffnung der Krankenhäuser zur ambulanten Versorgung kann das ambulante Potenzial von vier Millionen stationären Fällen nicht adäquat ambulant versorgt werden. Viele dieser Patient:innen sind auch auf die technischen Möglichkeiten und die fachlich-interdisziplinäreExpertise des Krankenhauses angewiesen. Obwohl sie nicht im Krankenhaus übernachten, müssen sie trotzdem im Krankenhaus behandelt werden. Deswegen muss die besondere Kostenstruktur der Krankenhäuser in der ambulanten Leistungsvergütung berücksichtigt werden.
REGIONALES SEKTORENÜBERGREIFENDES BUDGET
Patient:innenorientierte Versorgung, die die Sektoren überwunden hat, braucht in letzter Konsequenz ein eigenes Budget. Ein solches Modell wäre beispielsweise ein regionales, sektorenübergreifendes Budget, das unter anderem die Kurzzeitpflege und die ambulante medizinische und pflegerische Versorgung einschließt. Es muss bevölkerungs- und morbiditätsbezogen ausgestaltet sein. Ländliche Regionen, in denen die gesundheitliche Versorgung nicht flächendeckend durch alle Sektoren gewährleistet werden kann, sind für Modellprojekte prädestiniert.
KOORDINIERUNG STÄRKEN
Regionale Gesundheitsversorgung ist immer eine Netzwerk- und Teamleistung von Akteuren aus dem Gesundheits- und Sozialwesen sowie Ehrenamtlichen. Um die Arbeit im Netzwerk zu stärken, sind verbindliche Strukturen zu schaffen, denn Kooperationen in der gesundheitlichen Versorgung erhöhen die Effizienz und den zielgerichteten Ressourceneinsatz für die regionale Gesundheitsversorgung.
Krankenhäuser müssen verstärkt die Möglichkeit erhalten, sich als regionale Gesundheitszentren weiterzuentwickeln. Bereits heute betreiben Krankenhäuser und ihre Träger ambulante Einrichtungen wie beispielsweise Medizinische Versorgungszentren (MVZ) oder ambulante OP-Zentren. Auch halten sie Angebote in der ambulanten und stationären Altenhilfe und Rehabilitation vor. Deswegen sind sie prädestiniert dazu, die zentrale koordinierende Rolle in der Vernetzung zu übernehmen.
Schwer kranke, chronisch kranke, kognitiv eingeschränkte, multimorbide und sozial vereinsamte Patient:innen haben Schwierigkeiten, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden. Um diese Patient:innengruppen durch die komplexen Strukturen des regionalen Gesundheitsnetzwerks zu begleiten, braucht es quartiersbezogene Patient:innenlotsen. Sie müssen in der Regelversorgung finanziert werden.
3. Pflege: PFLEGE MODERNISIEREN
PERSONALMANGEL DURCH VERBESSERTE ARBEITSBEDINGUNGEN BEGEGNEN
Krankenhäuser sind personalintensive Organisationen. Der strukturelle Personalmangel wird trotz intensiver Personalwerbung weiter anhalten. Die 2019 eingeführten Pflegepersonaluntergrenzen sind eine politische Notbremse, um die Arbeitsbelastung der Pflegenden zu verringern sowie die Patient:innensicherheit zu gewährleisten. Mittel- bis langfristig ist dieser Trend nur durch verbesserte Arbeitsbedingungen in der Pflege, eine spürbare Wertschätzung sowie durch attraktive Karrieremöglichkeiten umzukehren.
Die Arbeitsbedingungen in der Pflege sind nachhaltig zu verbessern. Das Tätigkeitsfeld für Pflegekräfte ist durch interprofessionelle Teamarbeit attraktiver zu gestalten. Der Pflegeprozess ist mit einem Mix aus unterschiedlichen Qualifikationen patient:innenzentriert und stationsbezogen weiterzuentwickeln.
MEHR VERANTWORTUNG, MEHR DIGITALISIERUNG, MEHR FINANZIERUNG
Die Stärken der Pflege durch die Allokation ärztlicher Tätigkeiten und gleichberechtigte interprofessionelle Fallbesprechungen ist notwendig. Eine Neuverteilung von Verantwortung zwischen den Professionen ist durch ein Anreizsystem im Krankenhauswesen zu entwickeln.
Die den Pflegekräften vorbehaltenen Tätigkeiten müssen vom Bundesgesetzgeber konkretisiert werden.
Pflegestudierende benötigen eine qualifizierte Praxisanleitung während der Praxisphase im Krankenhaus. Der Gesetzgeber muss eine tragfähige und transparente Finanzierung sicherstellen.
Die Integration und die Ausbildung von Pflegekräften mit Migrationshintergrund ist aufgrund des besonderen Aufwands adäquat zu vergüten. Für die Stärkung von Ausbildungsabschlüssen in der Pflege ist es notwendig, die Praxisanleitung gesetzlich von bislang zehn auf 20 Prozent zu erhöhen, teilflexibel zu verwenden sowie regelhaft zu finanzieren.
Die Entwicklung und Einführung eines modernen, wissenschaftlich fundierten Pflegebedarfsbemessungsinstruments ist vom Gesetzgeber zu forcieren. Der Qualifikationsmix mit besonderer Berücksichtigung der akademischen Pflege muss dabei zwingend berücksichtigt werden.
Die medizinischen und pflegerischen Prozesse in Krankenhäusern werden immer stärker digitalisiert. Die Fähigkeiten und Kompetenzen zur Anwendung und verantwortungsbewussten Nutzung durch Mitarbeiter:innen aller Professionen sind konsequent zu entwickeln. Daher sind die Digitalkompetenzen von allen Mitarbeiter:innen im Krankenhaus durch eine bundesweite Qualifikationsoffensive mit zielgerichteten Aus- und Weiterbildungsprogrammen zu stärken.
4. FINANZIERUNG AUF FESTEN FÜSSEN
Wettbewerb und Markt sorgen für Qualität und Effizienz im Gesundheitswesen. Aber Gesundheit ist keine marktgängige Handelsware, sondern ein öffentliches Gut, das mit einem Lebensrisiko verbunden ist. Das System darf deswegen nicht gewinnaneignungsorientiert, sondern muss gemeinwohlorientiert sein.
Die Diagnosis Related Groups (DRG) sind geeignet, die notwendige Transparenz herzustellen und haben zu Kostenbewusstsein geführt. Das Prinzip dieser pauschalen leistungsorientierten Kostenerstattung wird jedoch durch die unzureichende Investitionsfinanzierung der Länder konterkariert. Der Bundesrechnungshof sieht eine Länderinvestitionslücke von vier Milliarden Euro pro Jahr. Das führt dazu, dass Einsparungen aus laufenden Betriebsergebnissen für Investitionen umgewidmet werden. Die Konsequenz: Da, wo die Investitionen aus den Betriebsmitteln nicht finanziert werden, können auch keine Einsparungen erzielt werden – eine investitionshemmende Abwärtsspirale entsteht. Das von den Bundesländern beanspruchte Hoheitsrecht, die Daseinsvorsorge in Form von Krankenhausleistungen in Menge, Qualität und Struktur festzulegen, läuft damit mehr und mehr ins Leere.
Die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, dass unser Gesundheitssystem die Versorgung in Krisenfällen sicherstellen kann. Eine robuste Krankenhausfinanzierung, die es ermöglicht, dass in den seltenen Krisenfällen Ressourcen umgewidmet werden können, ist dafür der wichtigste Baustein.
WEITERENTWICKLUNG DER SICHERTSELLUNGSZUSCHLÄGE
Bei der Finanzierung von bedarfsnotwendigen Klinken insbesondere in ländlichen Bereichen kommt das jetzige leistungsorientierte Finanzierungssystem der DRGs an seine Grenzen, wenn die Fallzahlen nicht ausreichen, um die durch die Qualitäts- und Strukturvorgaben geforderten Grundkosten zu finanzieren. Dabei geht es nach Ausgliederung der Pflegekosten aus den DRGs hauptsächlich um die Kosten für das ärztliche und nichtärztliche Personal.
Die nachweislich durch die Fallpauschalen nicht gedeckten notwendigen Kosten für diese Bereiche sollen durch Steuermittel ausgeglichen werden. Denn es ist eine hoheitliche staatliche Aufgabe, die Daseinsfürsorge in den Versorgungsregionen zu finanzieren, in denen Krankenhäuser dies aus eigener wirtschaftlicher Kraftanstrengung nicht schaffen.
STAATLICHE SONDERFINAZIERUNG BEI PANDEMIEN, MEDIZINISCHEN KRISEN UND KATASTROPHEN
Die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, dass gesundheitliche Krisen und Pandemien nur durch gesamtgesellschaftliche Anstrengungen zu bewältigen sind. Deshalb ist eine Sonderfinanzierung für medizinische Katastrophenfälle außerhalb der Regelfinanzierung für Krankenhäuser staatlich zu erbringen.
Auch Vorsorgemaßnahmen wie z. B. Lagerhaltung und Vorhaltung von durch den aktuellen Bedarf nicht benötigten Kapazitäten sind außerhalb der Regelfinanzierung sicherzustellen.
DATENGRUNDLAGE ZUR TRANSPARENZ DER KOSTENSTRUKTUREN
Die deutschen Krankenhäuser weisen Unterschiede bei den Personalkosten, den Vorhaltekosten oder den Eigeninvestitionen auf. Die Kostenstruktur eines städtischen Maximalversorgers ist eine andere als die eines ländlichen Grundversorgers oder einer Fachklinik. Darüber hinaus haben private, kommunale und kirchliche Krankenhäuser und Universitätskliniken durch die Notwendigkeit, Investitionen durch Eigenmittel zu finanzieren, unterschiedliche Voraussetzungen: Kommunale Krankenhäuser und Universitätskliniken erhalten in einigen Regionen Zuschüsse zu Investitionen und Defizitausgleiche durch ihre Eigentümer. Kirchliche Krankenhausunternehmen müssen dagegen die Investitionen selbst verdienen.
Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) ist zu beauftragen, die unterschiedlichen Kostenstrukturen der privaten, öffentlich-rechtlichen und kirchlichen Krankenhäuser sowie der unterschiedlichen Versorgungsstufen auf Grundlage einer breiten Datenbasis in regelmäßigen Abständen zu analysieren.
Was Sie über evangelische Krankenhäuser wissen müssen
Seit mehr als hundertsiebzig Jahren sind evangelische Krankenhäuser in Deutschland Versorgungsgestalter von Flensburg bis Freiburg. Sie sind inspiriert von der diakonischen Haltung „Der Region Bestes wollen“ und „Das Beste für die Bürger:innen wollen“. Rund 123.000 Beschäftigte aller Professionen versorgen in 199 evangelischen Krankenhäusern an 273 Standorten bundesweit mehr als 5,5 Millionen stationäre und ambulante Patient:innen medizinisch und pflegerisch. Jede(r) 10. stationäre Patient:in hierzulande wird in einem evangelischen Krankenhaus qualifiziert ver- und umsorgt.
Achtzig Prozent der evangelischen Krankenhäuser qualifizieren seit jeher Nachwuchskräfte in den Pflege- und Gesundheitsberufen, viele sind akademische Lehrkrankenhäuser für angehende Mediziner:innen. Damit nehmen die evangelischen Krankenhäuser ihre gesellschaftliche Verantwortung für Aus-, Fort- und Weiterbildung sehr umfassend war.
Patientenversorgung nach Eigentümerschaft des Krankenhauses in den Ländern
Bettengrößenklassen nach Trägerschaft
Unsere diakonische Stärke: regionale Vielfalt in der Organisation und Versorgung
Evangelische Krankenhäuser sind wesentlicher Bestandteil der vertikalen diakonischen Versorgungskette. Werteorientiert verbinden sie die gesundheitliche und die soziale Versorgung. Dies gelingt durch eine am Patient:innenwohl orientierte Ausrichtung der Strukturen und Prozesse für medizinische und pflegerische Behandlungen. Dafür nutzen die evangelischen Krankenhäuser den Gestaltungsraum der verschiedenen Sozialgesetzbücher und des KHG wie beispielsweise Selektiv- und Qualitätsverträge vielfältig.
Evangelische Krankenhäuser lassen sich vier Typen zuordnen: ‚Komplexträger‘ sind Teil eines Verbundes mit Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderungen, Langzeitpflege, Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, Beratungsstellen für Sucht, Wohnungslose oder Schuldner:innen. Unsere ‚Fachkliniken‘ sind auf bestimmte Patient:innengruppen landes- oder gar bundesweit spezialisiert – so versorgen wir etwa überdurchschnittlich viele Lungen(krebs)-Patient:innen oder bieten modernste Spezialverfahren an wie roboter-assistierte Wirbelsäulenchirurgie. ‚Urbane Spezialisten‘ leisten dies im städtischen Umfeld. ‚Regionale Schwerpunktversorger‘ sind Maximalversorger für ein größeres Einzugsgebiet.
Vulnerablen Patienten fest im Blick evangelischer Krankenhäuser
Seit jeher richten evangelische Krankenhäuser ihr Augenmerk verstärkt und bewusst auf vulnerable Patient:innen. Qualifizierte Versorgung von Patient:innen mit Behinderungen, demenziell Erkrankten, geriatrischen und hochaltrigen Patient:innen sowie Patient:innen mit lebensbegrenzender Diagnose sind für die evangelischen Krankenhäuser nicht stationäres Leistungsgeschehen, sondern gelebte Solidarität in der gesundheitlichen Versorgung. Daher engagieren sich viele interprofessionelle Teams von Mediziner:innen zusammen mit Pflegenden und therapeutischen Professionen für eine ständige Verbesserung von Versorgungsmodellen für diese Patient:innengruppen. Dies geschieht unter anderem über die Mitwirkung bei der Entwicklung von Qualitätsindikatoren und Qualitätsverträgen, deutschen, europäischen und internationalen Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften, Aufbau von krankheitsbezogenen Registern sowie der Beteiligung an klinischen Studien und Versorgungsstudien.