Die Diakonie Deutschland, der Deutsche Evangelische Krankenhausverband e.V. (DEKV) und seine Mitglieder übernehmen eine aktive Rolle in der hochwertigen, qualifizierten Patientenversorgung, der Sicherung von Behandlungsqualität und Patientensicherheit in der stationären Versorgung in Deutschland. Die evangelischen Krankenhäuser versorgen Covid‐19 Patienten bundesweit.
Wir befürworten, dass das Bundesministerium für Gesundheit mit dem vorgelegten Referentenentwurf einen Ganzjahresausgleich für das Jahr 2021 normiert und die notwendigen Ausgleichszahlungen für Krankenhäuser fortführt. Die Versorgung von Coronavirus‐SARS‐CoV‐2‐Patienten und regulären stationären Patienten sowie das Pandemiewellen‐Management werden für alle Krankenhäuser weiterhin zentral sein. Daher ist die Verlängerung von Ausgleichszahlungen richtig und ein wichtiges Signal für die Krankenhäuser. Bedauerlich ist, dass das Bundesministerium für Gesundheit durch die in der Rechtsverordnung festgelegten Kriterien weiterhin nur einem begrenzten Kreis an Krankenhäusern eine Anspruchsberechtigung auf diese Ausgleichszahlung ermöglicht.
Die nachfolgende Stellungnahme konzentriert sich auf einzelne Regelungen zu dem Ganzjahresausgleich, eine Liquiditätssicherung, den 7‐Tages‐Inzidenzwert und die MD‐Prüfquote. Zur Sicherung der medizinischen Rehabilitationseinrichtungen nimmt die Diakonie Deutschland separat Stellung. Nachbesserungen erwarten wir zu folgenden Punkten:
Die Regelungen im Einzelnen
I. Ganzjahresausgleich 2021
§ 5 Erlösausgleiche für das Jahr 2021
Änderungsvorschlag:
(1) Die Vertragsparteien nach § 17b Absatz 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes vereinbaren bis zum 30. November April 2021 das Nähere über den Ausgleich eines im Jahr 2021 gegenüber dem Jahr 2019 aufgrund des Coronavirus‐SARS‐CoV‐2 entstandenen Erlösrückgangs sowie eines im Jahr 2021 gegenüber dem Jahr 2019 entstandenen Erlösanstiegs, der auf Ausgleichszahlungen nach § 21 Absatz 1a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes für das Jahr 2021 zurückzuführen ist […]
[…] Kommt eine Vereinbarung nach Satz 1 nicht fristgerecht zustande, legt die Schiedsstelle nach § 18a Absatz 6 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes den Inhalt der Vereinbarung auch ohne Antrag einer Vertragspartei bis zum Ablauf des 31. Dezember Mai 2021 fest.
Begründung:
Die Vereinbarung muss spätestens bis 31. Mai 2021 final vorliegen, damit die Vertragspartner auf Ortsebene die Verhandlungen zum Erlösausgleich 2021 bereits im 1. Halbjahr 2021 aufnehmen können. Damit erhalten die Krankenhäuser die notwendige finanzielle Planungssicherheit.
§ 5 Erlösausgleiche für das Jahr 2021
Änderungsvorschlag:
Streichung des letzten Satzes
[…]
(2) Auf Verlangen einer Vertragspartei nach § 18 Absatz 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sind die jeweils anderen Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes verpflichtet, aufgrund der Vereinbarung nach Absatz 1 Satz 1 oder der Festlegung nach Absatz 1 Satz 5 die Erlöse für die Jahre 2019 und 2021, den im Jahr 2021 gegenüber dem Jahr 2019 aufgrund des Coronavirus‐SARS‐ CoV‐2 entstandenen Erlösrückgang oder bei Erhalt von Ausgleichzahlungen nach § 21 Absatz 1a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes für das Jahr 2021 einen im Jahr 2021 gegenüber dem Jahr 2019 entstandenen Erlösanstieg sowie einen Ausgleich für den Erlösrückgang oder den Erlösanstieg zu vereinbaren. Bei der Vereinbarung eines Erlösrückgangs sind 95 Prozent der aufgrund der Vereinbarung nach Absatz 1 Satz 1 oder der Festlegung nach Absatz 1 Satz 5 für das Jahr 2019 ermittelten Erlöse zugrunde zu legen.
Begründung:
Ein pauschaler Abschlag i.H.v. fünf Prozent ist ein falsches Signal zur falschen Zeit. Die pauschale Kappung des Budgets 2021 ist nicht sachgerecht und wird vollumfänglich abgelehnt, insbesondere im Zusammenwirken mit dem hausindividuellen Abschlag gemäß § 5 Abs. 1 Nummer 4.
Eine pauschale Absenkung bestraft die Krankenhäuser kollektiv. Sie benachteiligt überproportional diejenigen Häuser mit hohen Vorhaltekosten, wohingegen jene mit einem hohen Grad an Outsourcing stark profitieren. Für die gesamten Mitarbeitenden und die Leitungen der Krankenhäuser ist eine weitere Reduktion des Erlösbudgets 2019 demotivierend. In der anhaltenden Phase der Pandemiebewältigung ist sie nicht nachvollziehbar.
Übertriebenes Kostenbewusstsein droht die personelle Ausstattung der Häuser auszudünnen, die Bereitschaft zur Versorgungsleistung der Krankenhäuser hinauszuzögern sowie die Krankenhäuser in eine wirtschaftliche Schieflage zu bringen. Der vom Bundesministerium für Gesundheit beabsichtigte Versorgungsanreiz wird gegenteilig wirken. Daher darf es keine weitere Absenkung der bereits um die Sachkosten bereinigte Erlösausgangsbasis geben.
§ 5 Erlösausgleiche für das Jahr 2021
[…]
4. in der Spanne zwischen 75 Prozent und 95 Prozent die Höhe des Ausgleichssatzes für einen im Jahr 2021 gegenüber dem Jahr 2019 aufgrund des Coronavirus‐SARS‐CoV‐2 entstandenen Erlösrückgang.
Begründung:
Der Ausgleichssatz ist auf 95 Prozent festzusetzen. Eine weitere Reduktion der erreichten Leistungen 2019 bereinigt um die variablen Sachkosten ist nicht sachgerecht. Dies ergibt sich unter anderem aus dem individuellen Outsourcing von Leistungen der Krankenhäuser.
Es ist nicht nachvollziehbar wie nach der Herausrechnungen der „variablen Sachkosten“ aus den Kostenartengruppen
• 4a (Arzneimittel Gemeinkosten),
• 4b (Arzneimittel Einzelkosten),
• 5 (Implantate/Transplantate),
• 6a (Übriger medizinischer Bedarf ‐ Gemeinkosten),
• 6b (Übriger medizinischer Bedarf ‐ Einzelkosten) und
• 6c (von Dritten bezogene medizinische Behandlungskosten)
aus der InEK‐Kostenmatrix noch Potential im variablen Kostenbereich in Höhe von bis zu 25 % bestehen sollte. Es wären hier lediglich noch der Lebensmitteleinsatz und geringe Bereiche aus dem Kostenblock Wasser, Energie und Brennstoffe möglich,was in Summe bei kumuliert maximal 5 % liegt.
„Krankenhäuser mit einem hohen Outsourcing haben eine andere Kostenstruktur als Krankenhäuser mit einem hohen Grad anvorgehaltenen Leistungen.“ 1 Krankenhäuser mit einem hohen Anteil an fest eingestelltem Personal und wenig Outsourcing haben folglich höhere Fixkosten als Krankenhäuser mit einem hohen Anteil von Outsourcing. Krankenhäuser mit einem hohen Grad an Outsourcing würden daher profitieren. Krankenhäuser mit einem hohen Anteil vorgehaltener Ressourcen werden bestraft. Ergänzend sind diese Krankenhäuser seit Jahren durch die höheren Tarifsteigerungsraten belastet, welche über denrefinanzierten Personalkosten liegen. Dies betrifft alle Berufsgruppen außerhalb des Pflegebudgets. Ein Ausgleich über einen effizienten Einsatz bei den medizinischen Sachkosten ist durch diese Regelung bereits ausgeschlossen.
II. Kurzfristige Liquiditätshilfe
§ 5 Erlösausgleiche für das Jahr 2021
Vorschlag:
Es wird vorgeschlagen, nach Absatz (2) folgenden Absatz zu ergänzen: „(3) Eine vorläufige Vereinbarung der Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 KHG nach Inkrafttreten dieser Verordnung ist möglich. Die Abrechnung des Zuschlages erfolgt pro Quartal bis zum Ende des Kalenderjahres 2021. Ein vereinfachtes Verfahren ist durchzuführen.“
Begründung:
In den ersten Monaten 2021 ist in vielen Krankenhäusern die Patientenzahl gegenüber dem Vorjahresvergleich noch auf niedrigerem Niveau. Der Rückgang beträgt bis zu 25 Prozent, wobei er regional stark variiert. Aktuell würde laut einer aktuellen Forsa‐Umfrage im Auftrag von Helios jede vierte Patientin oder jeder fünfte Patient überhaupt nicht oder nur im Fall einer lebensbedrohlichen Erkrankung ein Krankenhaus aufsuchen.2 Da die weitere Entwicklung der Patientenzahlen aktuell nicht quantifizierbar ist, ist eine zusätzliche kurzfristige Liquiditätssicherung neben der vorgesehenen Verkürzung der Zahlungsfrist auf 5 Tage dringend notwendig, um einen Zahlungsengpass der Krankenhäuser im 2. Halbjahr 2021 zu verhindern. Alternativ könnte eine Liquiditätssicherung durch Bürgschaften der Länder für Krankenhäuser mit Versorgungsauftrag kurzfristig umgesetzt werden.
§ 1 Sonderregelung zur 7‐Tage‐Inzidenz der Coronavirus‐SARS‐CoV‐2‐Fälle
Änderungsvorschlag:
Unter den weiteren Voraussetzungen des § 21 Absatz 1a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes kann die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde für den Zeitraum seit dem [Datum, ggf. auch rückwirkend] Krankenhäuser fürAusgleichszahlungen nach § 21 Absatz 1a Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes bestimmen, wenn in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt die 7‐Tage‐Inzidenz der Coronavirus‐SARS‐CoV‐2‐Fälle je 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner über 35 50 liegt.
Bitte um Ergänzung der Veränderung der Verordnung: Änderung des § 21 Absatz 1a Nr. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes
1. unter 35 25 Prozent liegt, kann die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde Krankenhäuser in dem Landkreis oder in der kreisfreien Stadt bestimmen erhält jedes Krankenhaus, die Ausgleichszahlungen nach Satz 1. erhalten, wenn diese
Die §§ 21 Absatz 1 und 1a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sind entsprechend anzupassen.
Begründung:
Eine Absenkung auf eine 7‐Tage‐Inzidenz von 50 ist für den aktuellen Pandemieverlauf zu hoch. Der Wert muss auf 35 festgesetzt werden.
Die Zurückhaltung der Patienten, eine notwendige stationäre Behandlung durchführen zu lassen, ist weiter gegeben. Nachdem Absinken der Infektionszahlen werden notwendige verschobene Behandlungen nachgeholt, sofern die Patienten diese aus Angst vor einer Infektion nicht noch länger in die Zukunft verschieben.
Die Pauschale muss daher für alle Krankenhäuser an eine niedrige Inzidenzzahl und eine ausreichende Intensivkapazität gekoppelt sein. Nur dadurch ist weiterhin eine flächendeckende Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen zu gewährleisten. Die Mitarbeiter in den Krankenhäusern erhalten so Planungssicherheit und die notwendigen Entlastungen. Neben den Auswirkungen auf die tägliche Arbeit im Krankenhaus sind gerade die im Schichtsystem arbeitenden Mitarbeitenden genauso von allen weiteren Auswirkungen der Pandemie, wie z. B. Kinderbetreuung und „Homeschooling“, betroffen.
III. Weiterer Regelungsbedarf
Anpassung § 275 c Absatz 2 Satz 1 SGB V
[…] im Jahr 2021 gilt eine quartalsbezogene Prüfquote von bis zu 5 12,5 Prozent.
Begründung:
Die Prüfquote muss auf fünf Prozent für 2021 festgesetzt werden, um das medizinische Personal von den zeitaufwendigen MDK‐Prüfungen zu entlasten. Aktuell werden zwar weniger, dafür aber betreuungsintensivere Patienten in den Krankenhäusern behandelt. Für das Jahr 2020 konnte ein Fallzahlrückgang bei gleichzeitigem Anstieg des CMI konstatiert werden. Ebenfalls konnte ein Rückgang der sogenannten ambulant sensitiven Fälle beobachtet werden.3
Quellen:
1 Vgl.: S. Hesse; J. Leve, P. Goerdeler, W. Zapp; Benchmarking im Krankenhaus, S. 70; 2013
2 Vgl.: https://www.helios‐gesundheit.de/unternehmen/aktuelles/pressemitteilungen/detail/news/sicherheit‐mit‐system‐10‐punkte‐fuer‐ihre‐sicherheit; 21.03.2021
3 Vgl. B. Augurzky et al., Analysen zur Erlössituation und zum Leistungsgeschehen von Krankenhäusern in der Corona‐Krise – Ergebnisse für den Zeitraum Januar bis September 2020; 2021