Die Einführung einer bedarfsgerechten Personalbemessung in Krankenhäusern ist am 25. November 2020 Gegenstand einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages.
Hier fordert Die Linke, die von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), dem Deutschen Pflegerat (DPR) und ver.di vorgelegte Pflegepersonal-Regelung (PPR) 2.0 einzuführen. Dazu Christoph Radbruch, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV): „Es ist gut, dass sich der Gesundheitsausschuss mit der Pflegebedarfsbemessung befasst. Die Bundesregierung hat die Pflegepersonaluntergrenzen (PpUGs) eingeführt, um sowohl die Patientensicherheit als auch den Schutz der Pflegenden vor Überlastung zu gewährleisten. Hier muss auch eine Pflegepersonalbemessung ansetzen, die die PpUGs ersetzen soll. Bei der vorliegenden PPR 2.0 sehen wir neben positiven Ansätzen auch Nachbesserungsbedarf.“
Steigender Bedarf an Pflegefachkräften
Der Pre-Test im November 2019 hat gezeigt, dass das Instrument gut anwendbar und der Dokumentationsaufwand vertretbar ist. In diese nicht repräsentative Auswertung flossen 30.000 Datensätze aus bundesweit 44 Kliniken ein. Aus den gewonnenen Daten geht unter anderem hervor, dass bei der Einführung der PPR 2.0 mittel- bis langfristig 40.000 bis 80.000 zusätzliche Vollzeit-Pflegekräfte in den Krankenhäusern benötigt werden.1 Eine detailliertere Auswertung des DEKV-Mitglieds Agaplesion Diakonie-Klinikum Hamburg, das am Pre-Test teilgenommen hat, kann dies bestätigen: Die Personalbemessung auf Basis der PPR 2.0 würde auf einer pflegeaufwändigen geriatrischen Station 16,77 Vollzeitkräfte (124 Prozent) mehr erfordern als die PpUG. Diesem Bedarf steht die angespannte Situation auf dem Arbeitsmarkt für Pflegefachkräfte in vielen Regionen Deutschlands gegenüber.
DEKV sieht Nachbesserungsbedarf bei der PPR 2.0
„Aus unserer Sicht ist es gut, dass in die PPR 2.0 auch der Pflegekomplexmaßnahmen-Score (PKMS) und der Barthel-Index eingebunden sind. So können die Bedarfe vulnerabler Gruppen, beispielsweise kognitiv oder motorisch eingeschränkter Menschen, bei der Pflegebedarfsbemessung berücksichtigt werden“, hebt Radbruch positiv hervor.
Nachbesserungsbedarf sieht der DEKV hingegen bei der fehlenden Lösung für die Nachtschicht und die Intensivstation. „Auch den Qualifikationsmix in der Pflege bildet die PPR 2.0 nicht ab. Diesen zu berücksichtigen ist aber notwendig, um den Pflegepersonalbedarf patientenorientiert planen zu können. Das Spektrum der Pflegekräfte reicht von der Pflegehilfskraft über die Pflegefachkraft bis zu akademisch ausgebildeten Mitarbeitenden. Um dieses Fachkräfte am Bedarf der Patienten orientiert einzusetzen, muss festgelegt werden, welche Qualifikation Pflegekräfte für den jeweiligen Aufgabenbereich benötigen. Auf dieser Basis können Krankenhäuser dann ihren Pflegepersonalbedarf differenziert planen. Die Leistungserfassung muss als Instrument für eine sachgerechte Vergütung der Pflegepersonalkosten einsetzbar sein“, so Radbruch weiter.
Besondere pflegerische Versorgungskonzepte in der Pädiatrie berücksichtigen
Nachbesserungsbedarf sieht der DEKV auch im Bereich der sozialpädiatrischen Versorgung: „Weder die Pflegepersonaluntergrenzen noch die PPR 2.0 werden den besonderen pflegerischen Konzepten auf Stationen der sozialpädiatrischen Versorgung gerecht. Dort spielen heil-, sonder- und sozialpädagogische, therapeutische und psychologisch-psychotherapeutische Versorgungsanteile eine gleich große oder größere Rolle als somatische Versorgungsanteile. Damit unterscheiden sich diese Einrichtungen von anderen Kinderkliniken und es wird ein sehr individueller Versorgungsansatz erforderlich, bei dem die Grundpflege oder Kontrolle von Vitalparametern meist untergeordnete Rollen spielen. Auch diese besonderen pflegerischen Versorgungskonzepte in der Pädiatrie müssen von einem nachhaltigen, zukunftsfähigen Instrument zur Pflegepersonalbedarfsbemessung erfasst werden“, erklärt Radbruch.
Berlin, 25. November 2020
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1 https://tinyurl.com/yxbryxrm