Notaufnahmen in Krankenhäusern sind Anlaufstellen für Menschen, die in einer akuten gesundheitlichen Notsituation sind. Steigende Patientenzahlen in den letzten Jahren sorgen dafür, dass Zeit und Aufmerksamkeit für die Hilfesuchenden knapp sind. Dies trifft vor allem die besonders schutzbedürftigen Patientengruppen, wie die mehr als 4 Millionen Notfallpatienten über 65 Jahren, die jedes Jahr in deutschen Notaufnahmen versorgt werden. Ein Drittel aller Notfallpatienten ist über 70 Jahre alt. Ein großer Teil der besonders betreuungsbedürftigen älteren Notfallpatienten wird in evangelischen Krankenhäusern versorgt. Um diese Patientengruppe bedarfsgerecht versorgen zu können, fordert der Deutsche Evangelische Krankenhausverband e.V. (DEKV) eine Verbesserung der Rahmenbedingungen bei Struktur, Finanzierung, Forschung und Weiterbildung für die Notaufnahmen.
Bedarfsgerechte Versorgung älterer Notfallpatienten sichern
Überdurchschnittlich oft kommen ältere Patienten in die Notaufnahmen. Bei dieser Patientengruppe benötigt das gesamte Notaufnahmeteam aber mehr Aufmerksamkeit und Zeit für eine gute Koordination und eine intensive Betreuung. „Die Kommunikation mit den Patienten ist durch kognitive Einschränkungen und ein reduziertes Hörvermögen häufig erschwert. Dabei liegen oft komplexe Krankheitsbilder vor, die sicher abgeklärt werden müssen“, weiß Martin Pin, Präsident der Deutschen Gesellschaft interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin e.V. (DGINA). „Häufig ist bei älteren Patienten zusätzliche Diagnostik und besondere pflegerische Betreuung nötig, die Ressourcen bindet.“ Besonders anspruchsvoll für das Behandlungsteam sind Demenzpatienten. Eine konkrete Gefahr für diese Patientengruppe kann das sogenannte Delir darstellen. Dieser Verwirrtheitszustand kann vermehrt im Notfall und bei akuten Erkrankungen auftreten. Unbedingt muss das Delir vermieden bzw. frühzeitig erkannt und behandelt werden.
„Für die fachgerechte Behandlung ist es wichtig, den individuellen Patienten möglichst genau einschätzen und die benötigten Ressourcen des Teams bedarfsgerecht zuteilen zu können. Nicht zuletzt aufgrund der steigenden Anzahl an älteren Menschen brauchen wir dafür die Entwicklung und Einführung validierter Instrumente zur altersabhängigen Risikostratifizierung in der Notfallversorgung“, fordert Pin.
Ältere Patienten brauchen besondere Aufmerksamkeit
„Eine bedarfsgerechte und patientenzentrierte Versorgung älterer Notfallpatienten ist unseren Mitgliedern ein wichtiges Anliegen“, erklärt Christoph Radbruch, Vorsitzender des DEKV. „Damit die evangelischen Krankenhäuser dies leisten können, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Die Strukturen und ihre solide Finanzierung der Notaufnahmen müssen die Bedarfe älterer Notfallpatienten besser abbilden, um den Mehraufwand für das Krankenhaus leistbar zu machen“, führt Radbruch weiter aus.
Der DEKV und die DGINA fordern deshalb:
1. Strukturen und Prozesse in den Notaufnahmen müssen angepasst und sachgerecht finanziert werden.
2. Die geriatrische beziehungsweise gerontopsychiatrische Kompetenzentwicklung aller Mitglieder im Behandlungsteam muss gesichert und refinanziert werden.
3. Um den Mehraufwand bei der Betreuung alter Notfallpatienten auszugleichen, reicht der geplante Notfallstufenzuschlag nicht aus. Er muss um einen altersstratifizierten Zuschlag ergänzt werden.
4. Das DRG-System muss so angepasst werden, dass der erhöhte Aufwand in der Notaufnahme aufgrund der komplexen Krankheitsbilder über ein Zusatzentgelt erstattungsfähig ist.
5. Darüber hinaus braucht die Versorgung älterer Notfallpatienten Mittel zur Erforschung guter Instrumente zur Risikostratifizierung sowie für die Versorgungsforschung.
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Berlin, 28. November 2019