Der 17. November jedes Jahres ist ganz besonderen Kindern gewidmet: den Frühgeborenen. Im Jahr 2017 kamen 66.730 Kinder vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt. 11.051 dieser Frühgeborenen hatten ein Geburtsgewicht von unter 1.500 Gramm. Diese Allerkleinsten sollten in spezialisierten Krankenhäusern, sogenannten Perinatalzentren, entbunden und betreut werden. In Deutschland gibt es 310 Krankenhäuser, darunter 26 evangelische, die sich den hohen Anforderungen an Perinatalzentren stellen.
Starre Personalschlüssel stellen die Versorgungssicherheit in Frage
Die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Reifgeborenen schreibt einen strengen Betreuungsschlüssel von Frühgeborenen vor. Aktuell muss zwingend für jedes Frühgeborene unter 1.500 Gramm mit besonders hohem Betreuungsbedarf rund um die Uhr eine Gesundheits- und Kinderkrankenpflegekraft anwesend sein.
„Frühgeborene gehören unbedingt in qualifizierte Hände mit bester pflegerischer und medizinischer Versorgung“, so Christoph Radbruch, Vorsitzender des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes e. V. (DEKV). Der Krankenhausalltag zeigt, dass viele Krankenhäuser die rigide Personalvorgabe nicht jederzeit einhalten können. Personalschwankungen durch Urlaubszeiten und Krankheitsfälle sowie Notfälle können dazu führen, dass der Betreuungsschlüssel unterschritten wird. Verschärfend wirkt zudem der angespannte Arbeitsmarkt für Pflegekräfte. „Evangelische Krankenhäuser können dringend notwendiges Pflegepersonal nur schwer finden“, weiß Christoph Radbruch. „Als Folge müssen Betten abgemeldet und werdende Mütter immer häufiger abgewiesen werden. Selbst dann drohen vielen Perinatalzentren aufwendige bürokratische Verfahren. Heute muss jedes Perinatalzentrum tagesaktuell Abweichungen vom Betreuungsschlüssel melden. Wertvolle Betreuungszeit für die Frühchen und ihre Familien wird deshalb einer aufwendigen Dokumentation geopfert“, betont der DEKV-Vorsitzende.
Bis zum 31.12.2019 ist ein Abweichen von diesen Vorgaben unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Die evangelischen Krankenhäuser fordern bis zum Ablauf dieser Frist dringend pragmatische Lösungen zu finden. Sie müssen die Sicherheit der patientenzentrierten Versorgung in Einklang mit dem Krankenhausalltag und der Arbeitsmarktsituation bringen.
Christoph Radbruch: „Um die Versorgung von Frühgeborenen und die Sicherheit von Müttern und Kindern zu garantieren, müssen die Vorgaben des G-BA erneut diskutiert werden. Dabei stehen aus unserer Sicht zwei Themen im Mittelpunkt: Flexiblere, an der Situation des regionalen Arbeitsmarktes orientierte Personalschlüssel soweit dies mit der Patientensicherheit zu vereinbaren ist und der Abbau der Bürokratie bei Abweichungen vom Personalschlüssel. Dazu wäre eine wöchentliche Meldung von Durchschnittswerten ein guter Weg.“
Berlin, 16. November 2019