Chance auf Entbürokratisierung vertan: Sparvorschläge des BMG verkomplizieren Patient:innenversorgung im Krankenhaus
Die jetzt von Gesundheitsministerin Nina Warken vorgesehenen Sparvorschläge legen ein praktisches Dilemma offen, in dem sich Krankenhäuser in Deutschland aktuell befinden: Gesetzliche Personal- und Strukturvorgaben in Kombination mit allgemeinen Sparmaßnahmen gefährden zunehmend die wirtschaftliche Stabilität der Kliniken. Zugleich sollen und wollen die Kliniken für Patient:innen Versorgungssicherheit auf möglichst hohem Qualitätsniveau sicherstellen. Mit den neuen Sparvorschlägen droht dieser Anspruch auf bestmögliche stationäre Patient:innenversorgung aufgrund wirtschaftlicher Zwänge im deutschen Gesundheitssystem auf der Strecke zu bleiben.
Zurückzuführen ist das Dilemma vornehmlich auf die doppelte Belastung, mit der Krankenhäuser konfrontiert sind: Die Krankenhausreform führt neue Personal- und Strukturvorgaben ein, die von den Kliniken aufzubauen und zu finanzieren sind. Gleichzeitig werden den Krankenhäusern aufgrund allgemeiner Sparvorgaben die Mittel pauschal gekürzt. Das bedeutet: sinkende Einnahmen bei gleichzeitig steigenden Kosten. Dieses Spannungsfeld gefährdet nicht nur die wirtschaftliche Stabilität der Kliniken, sondern birgt damit auch ernsthafte Risiken für eine qualitativ angemessene Versorgungssicherheit.
Entbürokratisierung vorantreiben statt pauschaler Kürzungen
Statt pauschaler Einsparungen und neuen Regulierungen ist es aus Sicht des DEKV dringend erforderlich, die ursprünglich vorgesehene „Entbürokratisierung“ stärker in den Fokus zu rücken: Kliniken müssen von bürokratischen Pflichten entlastet werden, die keine Relevanz für die Versorgung haben. Auch Personal- und Strukturvorgaben sollten nur dort gelten, wo sie zur Behandlungsqualität tatsächlich beitragen. Ein ausgewogener Ansatz ist notwendig.
„Wenn 1,8 Milliarden Euro eingespart werden sollen, muss dem mindestens eine gleichwertige Reduktion bei Dokumentations- und Strukturvorgaben gegenüberstehen“, fordert Christoph Radbruch, Vorsitzender des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV).
Fixkostendegressionsabschlag aussetzen
Die geplanten Einsparungen bergen die Gefahr, dass Kliniken beispielsweise Eingriffe verschieben müssen, die nicht lebensnotwendig oder akut sind, nur um starre Personal- und Strukturvorgaben einzuhalten. Das führt zu Wartelistenmedizin. Daher ist es mindestens erforderlich, den Fixkostendegressionsabschlag bis zum Beginn der Vorhaltekostenfinanzierung auszusetzen. Durch die Abschaffung dieses Mengendeckels und fiskalischen Sanktionsinstruments würden erbrachte Mehrleistungen endlich belohnt. Krankenhäuser, die mehr versorgen, würden nicht länger bestraft. Aktuell wird jeder zusätzlich erbrachte Fall bei normaler Fallschwere mit einem Abschlag von 1.500 Euro sanktioniert.
„Wer versorgt, muss zusätzliche Leistungen ohne Abschläge abrechnen können. Dieser Vorschlag ist auch ein zielgerichtetes Instrument, um die gewünschte Leistungskonzentration der Krankenhausreform zu erreichen“, so Radbruch.
Nur wenn finanzielle Mittel gezielt in leistungsfähige und versorgungsrelevante Strukturen fließen und gleichzeitig unnötige Bürokratie reduziert wird, kann die Krankenhausversorgung in Deutschland nachhaltig gesichert werden.