Die Eckpunkte zur Krankenhausreform sind von Bund, Ländern und der Ampelfraktionen gestern vereinbart worden.
Damit ist das zentrale versorgungspolitische Reformvorhaben von Bund und Ländern aus dem Ampelkoalitionsvertrag einen Schritt weitergekommen. „Das angekündigte Krankenhausreformvorhaben ist ein Dekadenprojekt für unseren Sozialstaat. Damit ist gestern die Transformationsdekade der sozialen Infrastruktur für die stationäre Versorgung gestartet.
Die Evangelischen Krankenhäuser nehmen diese Herkulesaufgabe an. In ihrer langen Tradition als verlässlicher Partner der gesundheitlichen Versorgung in den Regionen haben sie immerzu bewiesen, dass sie nicht weglaufen, wenn es anstrengend wird. Dies werden die evangelischen Krankenhäuser auch diesmal beweisen“, betont Christoph Radbruch, Vorsitzender des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes.
Grundversorgung und Spezialisierung
„Viele evangelische Krankenhäuser verbinden die Grundversorgung mit einzelnen oder mehreren Spezialisierungen. Der Qualitätswettbewerb und die Transparenz der Behandlungsqualität ist daher heute schon klinische Realität in evangelischen Krankenhäusern. Um die Transparenz in der Gesundheitsversorgung zu erreichen, benötigen wir unbedingt eine bürgerverständliche Kommunikation der medizinischen und pflegerischen Behandlungsqualität. Weiter benötigen wir Unterstützungs- und Lotsenfunktionen, um das Navigieren im Gesundheitswesen zu erleichtern. Wir dürfen die Bürgerinnen und Bürger nicht verunsichern. Das ist einer der zentralen Gelingfaktoren für die Krankenhausreform“, so Radbruch.
Stärkung der Pflege
Das Eckpunktepapier setzt ein klares Bekenntnis für die Bedeutung der Profession Pflege bei der Versorgung von Patient:innen im Krankenhaus. Als reguläres Mitglied im Krankenhaus-Leistungsgruppen-Ausschuss bringt Pflege auf Systemebene ihren Fokus in die Weiterentwicklung der Leistungsgruppen und damit der Krankenhausversorgung ein. Als geschäftliche Leitung der Level-1i-Krankenhäuser kann die Pflege, mit ihrem Blick für die Patientenbedarfe auch über rein medizinische Aspekte hinaus, die sektorenübergreifende Versorgung vor Ort stärken.
Verteilungskriterien sind für den Erfolg der Vorhaltekosten entscheidend
Beim Umstieg zu Vorhaltepauschalen lässt die angedachte Verknappung von Kapazitäten durch den Leistungskorridor im Vorhaltebudget ein ernstzunehmendes Problem aufziehen. „Dabei handelt es sich um Planwirtschaft. Die fatalen Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung müssen mit den in den Eckpunkten vorgesehenen Auswirkungsanalysen gemeinsam mit der Krankenhauspraxis bewertet werden. Das ist mehr als überfällig“, kommentiert Radbruch.
Auch besteht das Risiko, dass Krankenhäuser bei den vorgesehenen Kriterien zur Verteilung der Vorhaltekosten benachteiligt behandelt werden. Dadurch können einige Krankenhäuser übervorteilt werden. Damit kann einer nicht sachgerechten Verteilung der Finanzmittel Vorschub geleistet werden. Wichtig ist: Bei der detaillierten Ausarbeitung der Vorhaltekostenfinanzierung ist es notwendig, ein System einzuführen, das nachprüfbaren und sachgerechten Verteilungskriterien folgt. Nur so ist eine Übervorteilung einzelner Kliniken zu verhindern.
Unsicherheit in den Kliniken durch viele Prüfaufträge
Enttäuschend ist, dass die Eckpunkte noch eine Vielzahl an Prüfaufträgen enthalten. So sind keine wirtschaftlichen Soforthilfen für Krankenhäuser, keine Anpassung der Landesbasisfallwerte zur Kompensation der Kostensteigerungen, keine Steigerung der Vorhaltekosten außerhalb der Veränderungsrate und keine Abbildung der Tarifabschlüsse in den Vorhaltekosten enthalten. Eine Planungssicherheit, die die Krankenhäuser im Hinblick auf die Fortführungsprognosen und die Aufstellung der Wirtschaftspläne 2024 jetzt benötigen, bleibt damit aus. Die Krankenhäuser werden damit im Regen stehen gelassen.
„In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren haben diakonische Krankenhäuser Investitionen über Kredite finanziert, um die unzureichenden Fördermittel der Länder zu kompensieren. Diese Kapitalkosten wurden aus dem variablen Ergebnis der Betriebsmittel bedient, welche nun zu 60 Prozent als Vorhaltekosten bezahlt werden sollen. Überschüsse wurden also reinvestiert und nicht ausgeschüttet. Dabei haben die Krankenhäuser darauf geachtet, nur benötigte Leistungen anzubieten und nicht notwendige Kosten zu vermeiden. Diese Investitionsentscheidung ist bei der Verteilung der Vorhaltekosten zu berücksichtigen.