Die Corona-Krise hat gezeigt, dass das deutsche Gesundheitssystem auch unter den erschwerten Bedingungen der Pandemie funktioniert und arbeitsfähig ist. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Diskussion über die Krankenhausstruktur in Deutschland an Bedeutung. Die Konzepte: Zentralisierung und Spezialisierung auf der einen Seite, bedarfsgerechte Versorgung mit Blick auf die Besonderheiten der Region auf der anderen.

Dazu Christoph Radbruch, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV): „Ich warne davor, bereits jetzt schon Lehren aus der Corona-Krise zu ziehen. Um Schlussfolgerungen für eine zukünftige Krankenhausstruktur abzuleiten, die unser Gesundheitswesen auf Dauer mitbestimmt, benötigen wir belastbare Daten. Subjektive Einschätzungen und Meinungsumfragen sind keine Basis für eine langfristige Planung, mit der wir zu einer systemischen Antwort kommen.“

Das 2. Bevölkerungsschutzgesetz bei einer epidemischen Lage nationaler Tragweite verpflichtet die Krankenhäuser zum 15. Juni und 15. Oktober zusätzliche fallbezogene Daten an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) zu liefern. Ihre Auswertung wird zeigen, welches Leistungsgeschehen im Krankenhaus unter Pandemiebedingungen stattgefunden hat. „Diese Daten müssen unter verschiedenen Aspekten ausgewertet werden, damit die langfristige Planung auf einem Gesamtbild der aktuellen Versorgungslage basiert und das Ergebnis gut ausbalanciert ist. Planungsrelevant sind zudem die Ergebnisse der aktuellen Beratungen im G-BA zu den Qualitätsanforderungen für Zentren und Schwerpunkte. Daraus werden sich strukturelle, personelle und fachliche Kriterien ergeben. Für uns als evangelische Krankenhäuser ist es wichtig, die Patientinnen und Patienten mit ihren Bedürfnissen in den Mittelpunkt zu stellen. Unser Ziel ist es, sie bedarfsgerecht und qualifiziert zu versorgen. Das ist nicht automatisch an die Größe eines Krankenhauses gebunden. Daher ist die Anzahl der Betten für mich kein aussagekräftiger Parameter, um die qualifizierte Versorgung zu beurteilen. Ein wichtiger Aspekt der Patientensicherheit ist für uns dabei die Versorgungssicherheit“, betont Radbruch.

 

Pflege braucht unterschiedliche Qualifikationen

Für eine sichere und qualifizierte Patientenversorgung sind gut ausgebildete und motivierte Pflegekräfte eine wichtige Voraussetzung. Aufgrund der Pandemie waren die Pflegepersonaluntergrenzen ausgesetzt. Seit 1. August gelten sie für die Intensivmedizin und die Geriatrie wieder. „Um die Patientensicherheit zu gewährleisten, ist eine Mindestanzahl an Pflegepersonal unerlässlich. Die Kritik an den aktuellen Regeln zu den Pflegepersonaluntergrenzen richtet sich gegen ihre starre, bürokratische Ausgestaltung und die pflegefachlich nicht begründete Berechnung einer statistischen Durchschnittsgröße.

Der DEKV fordert, dass jede Pflegebemessungsregelung einen Mix an Qualifikationen ermöglicht, wie er in den Krankenhäusern bereits täglich gelebt wird. Dies bedeutet vor allem eine moderne, arbeitsteilige Gestaltung, die darauf abzielt, die examinierten Pflegefachkräfte zu entlasten und zu unterstützen. Passend zum Bedarf auf den Stationen sind dazu zum Beispiel Medizinische Fachangestellte, Anästhesietechnische Assistenzen, Notfallsanitäterinnen und -sanitäter oder Heilerziehungspfleger und Heilerziehungspflegerinnen eingesetzt. Dieser Mix an Qualifikationen trägt maßgeblich dazu bei, alle Patientengruppen qualifiziert und bedarfsgerecht zu versorgen. Und nur so kann die Sicherheit der Patienten durch ausreichend Personal sichergestellt werden. Vor diesem Hintergrund sind wir auf die Ergebnisse der ersten Zwischenbilanz zu den Pflegepersonaluntergrenzen, die Krankenhäuser, Krankenkassen, Pflegeverbände, ver.di, InEK und das Bundesgesundheitsministerium am 5. August 2020 gemeinsam ziehen, gespannt“, so Radbruch.

Berlin, 05. August 2020

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